Es ist stockdunkel, man hat Schwierigkeiten die Hand vor den eigenen Augen zu sehen. Links und rechts sind zwei Gesichter auf die Wand projiziert,
Mann und Frau, vis-a-vis. Sehen sie sich? Schauen sie sich an? Plötzlich kommt Bewegung in das Gesicht des Mannes. Verzerrung, Verkrampfung, eine irritierende Mischung aus Gelächter und Geschrei, Freude und Schmerz, Orgasmus und Folter. Was geschieht hier? Der Grund für die lachenden Schreie ist nicht zu erkennen. Bilder des Abu Ghraib Gefängnisses schießen durch den Kopf, es folgen Szenen paarungswilliger Bewohner des Big Brother Containers. Das medial gefütterte Gedächtnis feuert Bildserie nach Bildserie. Eine Form von Katharsis im Medienzeitalter? Auch das gegenüberliegende Frauengesicht ist inzwischen in zuckende Bewegung geraten. Vielleicht ist auch hier ein Orgasmus der Grund. Oder sind es Geburtswehen? Von links und rechts dringen nun die Schreie ins Ohr, eine Kakophonie, die sich mit der Zeit in eine Symphonie zu wandeln scheint.
Kerstin Zottl, Jeanette Brandenburger
Jour Fix 23